Brief von Walter Faber an Ivy
Dear Ivy,
in letzter Zeit hast Du nichts mehr von mir gehört, da ich in einer Super-Constellation gesessen habe, die auf den Weg nach Mexiko-City war und eine Notlandung machen musste. Denn die Motoren unseres Flugzeuges sind nach und nach über irgendeiner Wüste, bei Tampico in Mexiko, ausgefallen und es kam zu einer furchtbaren Landung in einer heißen Landschaft mit bläulichem Gebirge. Seitdem bin ich gezwungener Maßen sechzig Meilen von der Außenwelt abgeschnitten. Die einzige Verbindung zum Rest der Welt wird durch eine Luftbrücke aufrecht erhalten. Der Helikopter hat schon vereinzelte Personen ausgeflogen und nimmt unsere Briefe an unsere Familien mit.
Die meiste Zeit verbringe ich, ohne ausreichend Wasser, in
Unterhosen, mit den übrigen, unverletzten Passagieren. Einer dieser zufälligen
Bekanntschaften, namens Joachim, spielt mit mir zum Zeitvertreib Schach, dabei
sitzen wir auf Coca-Cola-Kisten herum.
Der eigentliche Grund warum ich Dir schreibe ist die
Erkenntnis, dass es keine Zukunft für uns Beide geben wird. Du musst verstehen,
dass ich Dich nicht heiraten möchte. Ich habe Dir das zwar schon öfters
versucht klar zu machen aber Du hast außer eines Weinkrampfes keine Reaktion
darauf gezeigt. Ich bin mir aber sicher, dass Du mich verstanden hast. Jetzt
rede ich Klartext und teile Dir meine Meinung schriftlich mit und hoffe so,
dass Klarheit herrscht und sich unsere Wege letztendlich trennen.
Außerdem sagst Du ja immer, ich sei ein Egoist, ein Unmensch
in Bezug auf Frauen. Deshalb ist es besser, wenn wir getrennte Wege gehen und
jeder sein Leben lebt. Die ganzen Vorwürfe und Streitereien über Kleinigkeiten
rauben mir sowieso den letzten Nerv. Allein der unnütze Kauf des Studebakers in
deiner Lieblingsfarbe himbeerrot, passend zu deinen Outfit, lässt mich vor Wut
kochen.
Soviel ich weiß hast Du ja noch deinen Mann in Washington,
der Dich liebt und mit dem Du außerdem auch noch verheiratet bist. Vielleicht
wäre es besser für Dich zu Ihm zurückzukehren. Mich jedenfalls wirst Du nicht
mehr sehen, Du musst lernen auf eigenen Füßen zu stehen, denn wenn ich bei
diesem Unglück umgekommen wäre, gäbe es mich ja auch nicht mehr.
Liebe Ivy ich mag Dich sehr, verstehe das bitte nicht
falsch, Du bist ein netter Kerl, aber wir passen nicht zusammen.
Sei bitte aus der Wohnung verschwunden, wenn ich nach New
York zurückkomme.
Walter
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